Hilfen zur Linderung fortbestehender traumabezogener Folgen sexuellen Kindesmissbrauchs können beim Fonds Sexueller Missbrauch beantragt werden.
Der Fonds Sexueller Missbrauch im familiären Bereich (FSM) und im Institutionellen Bereich gehört zum Ergänzenden Hilfesystem (EHS).
Gegenüber gesetzlichen Hilfesystemen besteht Nachrangigkeit. Das bedeutet, dass beim FSM Leistungen beantragt werden können, wenn beispielweise gesetzliche Krankenkassen die Kosten für Leistungen nicht weiter übernehmen oder diese ganz ablehnen.
Das kann u.a. der Fall sein, wenn die TherapeutIn keine approbierte PsychotherapeutIn ist oder die TherapeutIn nicht mit einem der drei Richtlinienverfahren arbeitet (Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, Verhaltenstherapie, Psychoanalyse).
Sachleistungen in einer Höhe von bis zu 10.000 € können beantragt werden für z.B.
- Traumatherapie (psychotherapeutische Leistungen)
- Psychotherapien, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden
- Komplementärtherapien (z.B. Kunst-, Mal-, Reit-, Tanztherapie)
- Fahrtkosten zur Therapie
- Heil- und Hilfsmittel (Physiotherapie, Ergotherapie, u.a.)
- Unterstützende Bildungsmaßnahmen
Die Gesamtsumme von 10.000 € kann auf mehrere gewünschte Hilfen verteilt werden.
Betroffene mit Behinderungen können einen zusätzlichen Bedarf bis zu einer Höhe von 5.000 € beantragen für Hilfen, die notwendig sind, damit die Hilfeleistungen auch tatsächlich in Anspruch genommen werden können (Zusammenhang zwischen sexuellen Missbrauch und bestehenden Trauma-Folgen muss nachvollziehbar sein).
Antragsberechtigt ist, wer als Kind und Jugendliche/r sexuell missbraucht wurde, zum Tatzeitpunkt also minderjährig war. Jeder Antrag wird von der Clearingsstelle individuell geprüft. Dadurch entstehen Bearbeitungszeiten, die derzeit bei etwa einem Jahr liegen.
Die Leistungen des Fonds Sexueller Missbrauch werden nicht auf Sozialleistungen wie Arbeistlosengeld II oder Sozialhilfe angerechnet.
Antragstellung
Im Antragsformular wird nach Einzelheiten zu Täter/n und Tathergang gefragt. Angaben zum Tathergang können im Ankreuzverfahren gemacht oder frei formuliert werden.
Die Beschäftigung mit Details der Trauma-Ereignisse ist belastend und kann traumabezogene Symptome verstärken. Prüfen Sie bitte, ob das Ankreuzen vorgegebener Antwortmöglichkeiten möglicherweise weniger schwierig für Sie ist.
Die Beantwortung der Fragen zu Täter/n und Tathergang ist nicht zwingend.
Für eine Antragstellung ist es empfehlenswert, eine Beratung durch geschulte BeraterInnen in Anspruch zu nehmen (Beratungsstellen s. u.).
Sofern Sie schon eine TherapeutIn haben, gehen Sie den Antrag auch mit ihrer TherapeutIn durch, bevor Sie den Antrag einreichen. Mit Ihrer TherapeutIn können Sie besprechen, ob alle vorhandenen traumabezogenen Symptome und Beeinträchtigungen vollständig angegeben sind und welche therapiebegleitenden Leistungen für Sie möglicherweise auch hilfreich wären.
Traumatherapie durch HeilpraktikerInnen für Psychotherapie
Grundsätzlich wird ein Antrag auf Psychotherapie beim Fonds Sexueller Missbrauch nur bewilligt, wenn die Therapie von PsychotherapeutInnen mit Approbation durchgeführt wird.
Im Februar 2014 wurde die Lockerung des Approbationserfordernisses vom Lenkungsausschuss des Fonds Sexueller Missbrauch beschlossen.
In besonders begründeten Einzelfällen kann auf das Erfordernis der Approbation verzichtet werden kann. Im Einzelfall kann ein Antrag auf Psychotherapie nach dem Heilpraktikergesetz (HeilprG) beim Fonds Sexueller Missbrauch daher bewilligt werden.
In diesen Fällen wird geprüft, ob die HeilpraktikerIn für Psychotherapie psychotherapeutische/traumatherapeutische Qualifikationen vorweisen kann, die geeignet sind, die Qualität der Behandlung sicherzustellen.
Durch die Lockerung des Approbationserfordernisses ist es möglich geworden, dass seit 2014 auch Trauma-TherapeutInnen mit einer Heilerlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz (HeilprG), dringend benötigte Traumatherapieplätze anbieten und direkt mit dem Kostenträger abrechnen können.
Beratung und Unterstützung bei der Antragstellung
Eine bundesweite Übersicht von Beratungstellen, die bei der Antragstellung helfen, steht auf der Website des Fonds Sexueller Missbrauch zur Verfügung. Beratungssuche
Viele Frauenberatungsstellen haben geschulte Mitarbeiterinnen, die Sie bei der Antragstellung unterstützen können. Frauenberatungsstellen in Ihrer Region finden Sie auch auf den Internetseiten der jeweiligen Landesverbände, z.B. Landesverband Frauenberatung Schleswig-Holstein
Der WEISSE RING Opferhilfe bietet ebenfalls Unterstützung beim Ausfüllen des Antrags.
Die Adresse einer Außenstelle in Ihrer Nähe erhalten Sie bei den entsprechenden Landesverbänden.
Weitere Informationen finden Sie auf den Internetseiten:
Unabhängiger Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs
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