Fonds Sexueller Missbrauch | Bundesfamilienministerin stellt neues Konzept vor

Die Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey kündigte an, dass eine dauerhafte Einrichtung des Amtes einer/eines „Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs“ geplant sei und die Arbeit der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs in Deutschland bis Ende 2023 fortgesetzt werden soll. Das Konzept soll in den kommenden Wochen durch das Bundeskabinett beschlossen und anschließend in die Praxis umgesetzt werden.

Das „Konzept zur dauerhaften Stärkung der Strukturen zur Verbesserung von Prävention und Intervention bei sexualisierter Gewalt und Ausbeutung in Kindheit und Jugend sowie bestmögliche Hilfen für betroffene Menschen“ sieht vor:

  1. dauerhafte Einsetzung einer/eines „Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs“ (UBSKM) bei der Bundesregierung
  2. Einrichtung eines ehrenamtlich tätigen Betroffenenrates bei der/dem Unabhängigen Beauftragten
  3. Laufzeitverlängerung der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs in Deutschland

In einer Pressemitteilung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 19.10.2018 heißt es dazu:

Laut polizeilicher Kriminalstatistik wurden im Jahr 2017 13.500 Kinder und Jugendliche Opfer von sexualisierter Gewalt und Ausbeutung. 1.600 Opfer waren unter sechs Jahren. Die Dunkelziffer ist noch deutlich höher. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht für Deutschland von einer Million betroffener Mädchen und Jungen aus, die sexuelle Gewalt erlebt haben oder erleben. Das sind pro Schulklasse ein bis zwei betroffene Kinder. Die Zahlen machen deutlich, wie wichtig es ist, die Strukturen zur Bekämpfung von Gewalt gegen Kinder zu stärken. Untermauert wird die Notwendigkeit durch Schicksale von missbrauchten oder ausgebeuteten Mädchen oder Jungen, die ans Licht kommen, aber auch durch die Erkenntnisse über Missbrauch und den Umgang damit in Institutionen, wie zuletzt in der katholischen Kirche. Sexualisierte Gewalt in der Kindheit und deren Aufarbeitung – oftmals erst im Erwachsenenalter – haben einen wesentlichen Einfluss auf die Lebensverläufe und Chancen von betroffenen Menschen und belasten Menschen häufig ein Leben lang.“

In der Bekanntgabe „Missbrauchsopfer besser und schneller unterstützen“ vom 04.10.2018 berichtete der Fonds Sexueller Missbrauch (FSM) vom Besuch der Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey in der Geschäftsstelle:

Betroffene sexuellen Missbrauchs sollen auch künftig schnelle Unterstützung erhalten. […] Betroffene, die als Kinder und Jugendliche Opfer sexuellen Missbrauchs im familiären Bereich wurden, sollen auch in Zukunft niedrigschwellige, passgenaue und zeitnahe Hilfen aus dem Fonds Sexueller Missbrauch (FSM) erhalten können. Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey hat deshalb am 1. Oktober die Geschäftsstelle des FSM besucht, um sich über die Antragsbearbeitung zu informieren und sich mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Geschäftsstelle über Verbesserungsmöglichkeiten bei der Bearbeitung sowie über die Zukunft des Hilfesystems auszutauschen.“

Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey betonte:

Die Kolleginnen und Kollegen der Geschäftsstelle des Fonds Sexueller Missbrauchs leisten eine sehr wichtige Arbeit. Ich habe mir vor Ort ein Bild über die Arbeit gemacht und gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen beraten, wie wir die Verfahren verbessern und das Personal so unterstützen können, dass die Antragsbearbeitung schneller wird. Es ist wichtig, dass sich die Betroffenen darauf verlassen können, schnelle Unterstützung zu bekommen.“

Die Bearbeitungszeiten von Anträgen auf Hilfeleistungen (z.B. ambulante Traumatherapie) durch den Fonds Sexueller Missbrauch liegen aktuell bei mindestens 2 Jahren und 3 Monaten (teilweise eher mehr).
Wartezeiten in einem solchem Umfang sind für Betroffene unzumutbar.
Es wäre sehr zu begrüßen, wenn das Konzept der Bundesfamilienministerin zügig beschlossen und mit ausreichenden Mitteln ausgestattet würde, um eine Antragsbearbeitung innerhalb weniger Wochen abschließen zu können, damit „sich Betroffene darauf verlassen können, schnelle Unterstützung zu bekommen“.

4 comments

  1. Die Bearbeitungszeit ist erschreckend – und man muss anerkennen, dass sie schon deutlich besser war. Von daher unterstütze ich als Therapeutin unbedingt einen künftig besser ausgestatteten FSM! Wichtig ist natürlich auch die Frage nach der Prävention.

    1. Vielen Dank für Ihren Beitrag und Ihre Unterstützung.

      In der Tat betrug in den Anfangsjahren des FSM die Bearbeitungszeit ca. 1 Jahr, was schon damals viel zu lang war.
      Trotz Mitteilungen, dass personelle Kapazitäten aufgestockt werden sollten, verlängerte sich seitdem die Bearbeitungszeit stetig um jeweils einige Monate.
      Die MitarbeiterInnen des Fonds leisten sicherlich gute Arbeit, scheinen aber mit einem Arbeitsaufkommen belastet zu sein, das mit den vorhandenen personellen Mitteln offenbar nicht zu bewältigen ist.
      Nachfragen zum Bearbeitungsstand eines Antrages per Telefon oder Email wurden noch bis vor etwas 2 Jahren schnell und mit spürbarem Bemühen beantwortet. Derzeit ist es oft kaum möglich, eine/n MitarbeiterIn zu kontaktieren.

      Danke auch dafür, dass Sie die Wichtigkeit von Präventionsarbeit thematisieren.

      1. Es steht hinsichtlich der Wartezeiten leider auch nicht besser bei Anträgen auf erweiterte Hilfeleistung.
        Telefonisch bekam ich die Antwort, dass der Bewilligung ziemlich sicher nichts im Wege steht, da es sich um die immer noch gleiche Therapie mit der gleichen Therapeutin handelt. Da jedoch alle Anträge, egal welcher Art, in chronologischer Reihenfolge bearbeitet werden, könne es noch einige Monate dauern. Nun sind die anfangs bewilligten Stunden gebraucht und ich muss die für mich so wichtige Therapie leider unterbrechen, hoffentlich nicht abbrechen.

        1. Vielen Dank für Ihren Kommentar.
          Für die Bearbeitung eines Erstantrags beim FSM bzw. eines Folgeantrags auf Bewilligung weiterführender Leistungen (im Rahmen des vorhandenen Rest-Budgets) sind verschiedene Gremien zuständig. Während die Bearbeitungszeit eines Erstantrag derzeit bei ca. 2,5 Jahren liegt, wird ein nachfolgender Antrag aktuell innerhalb von ca. 3-4 Monaten bearbeitet.
          Sofern es sich „nur“ um die Fortführung einer zuvor schon bewilligten Leistung handelt (z.B. begonnene Therapie bei derselben Therapeutin), ist eine solch lange Bearbeitungszeit ebenfalls unzumutbar und unerträglich.

          Bei Anträgen auf Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) kann der WEISSE RING Therapiekosten als Vorleistung erbringen.
          Um z.B. eine drohende Unterbrechung einer laufenden Therapie zu verhindern, können die Therapiekosten vom WEISSEN RING vorgestreckt werden. Nach Antragsbewilligung werden die vom WEISSEN RING geleisteten Vorauszahlungen beim für OEG-Fälle zuständigen Landesamt zurückgefordert.
          Ob diese Möglichkeit auch bei Anträgen beim FSM besteht, könnte bei der zuständigen Außenstelle des WEISSEN RING erfragt werden. weisser-ring.de

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